Stellungnahme der SPD-Fraktion zum Haushalt 2017
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
bevor ich zu Themen des städtischen Haushalts von Neckargemünd komme, möchte ich einige generelle Anmerkungen zu den kommunalen Haushalten machen.
in der Presse konnte man vor einigen Wochen von der angeblich so guten Lage der öffentlichen Haushalte lesen. Viele Kommunen wie Neckargemünd scheinen da auf einem anderen Stern zu leben, wenn man die euphorischen Töne mit unserer Haushaltswirklichkeit vergleicht. Von den geschätzten 5 Milliarden Mehreinnahmen an Steuern entfallen auf den Bund 2,4 Milliarden , die Länder etwa 2 Milliarden aber nur rund 0,7 Milliarden gehen davon an die Kommunen. Die Mehreinnahmen verdünnen sich bei tausenden Kommunen dann ganz gewaltig. Dagegen stehen immer auch mehr Aufgaben der Kommunen.
Eine Methode des Landes, sich bei den Kommunen zu bedienen, ist auch die sog.“ Vorwegentnahme“ aus der Finanzausgleichsmasse. Zugegebenermaßen ist diese Methode keine Erfindung der jetzigen Landesregierung, aber während der SPD-Finanzminister Schmid in der letzten Wahlperiode die Vorwegentnahme stückweise reduzierte, schnappt sich die jetzige grüne Finanzministerin noch einen größeren Brocken erst einmal aus dem Finanzierungstopf für die Gemeinden in Höhe von 250 Mill.€, bevor dann per Verteilungsschlüssel die Gemeinden ihren Anteil aus dem Topf erhalten. Bei rund 10.8 Millionen Einwohnern in Baden-Württemberg macht die Vorwegentnahme pro Kopf etwa 24€ aus, was bei etwa 13 000 Einwohnern in Neckargemünd der Summe von ca. 312 000 € entspricht. Zur Begründung wird von struktureller Notwendigkeit im Landeshaushalt gesprochen. Gleichzeitig belaufen sich die Rücklagen des Landes auf rund 5 Milliarden Euro.
Die SPD-Kreistagsfraktion bleibt weiterhin kommunalfreundlich eingestellt und behält die Höhe der Kreisumlage immer im Blick. Inzwischen hat sich die Kreisverwaltung darauf eingestellt, dass ein SPD-Antrag kommen würde, wenn die Kreisumlage unangemessen hochgeschraubt würde.
Unser aller Appell muss sich an Bund und Land richten grundsätzlich nachhaltige Förderprogramme z.B. für den sozialen Wohnungsbau der Kommunen, für den Erhalt von Straßen und Brücken etc, Erneuerung jahrzehntealter Leitungssystemen (z.B. Altstadt oder Dilsberger Feste!) aufzulegen, damit die kommunale Infrastruktur eine Grunderneuerung erfährt. Die Kommunen brauchen Planungssicherheit auf längere Sicht. Am 10.11.16 brachte die ZEIT einen großen Artikel unter der reißerischen Überschrift „Niemand will das Geld“ und führte aus, dass der Bund einen Fond zur Förderung kommunaler Investitionen in Höhe von 3,5 Mrd. € aufgelegt habe, von dem aber nur 38,8 Mio. € ausgegeben wurden –aber auch 1,8 Mrd.€ verplant seien. Wenn man den Artikel dann liest, erfährt man u.a. auch, dass die Einsparungen der letzten Jahre in manchen Bereichen zu gewaltigen Engpässen geführt haben, z.B. zu einer Reduzierung des Personals im kommunalen Bauwesen im kurzen Zeitraum 2011 bis 2013 um 15,4 %. Wenn sich viele Kommunen und Behörden nicht genügend Planungspersonal leisten können, dann ist es schwer, rechtzeitig fix-und-fertige Pläne zur Bezuschussung einreichen. Trotz der sogar in Teilen amtlich bescheinigten knappen Personaldecke der Stadtverwaltung, muss die Stadt permanent Überlegungen anstellen, wie sie durch förderungsfähige Projekte an Bundes-und Landesmittel kommen kann, um die strukturellen Einnahmeschwächen des Gemeindehaushalts abzumildern.
Wodurch könnte die finanzielle Lage Neckargemünds sonst noch verbessert werden?
Wir bedanken uns bei Bürgermeister Volk, dass er mit der Verwaltung schnell und zielführend reagiert hat, als das Angebot der Projektentwicklung eines Gewerbeparks aus einer Hand an der B45 an die Stadt herangetragen wurde. Wir versprechen uns davon, dass die Gewerbesteuereinnahmen aus den dann dort angesiedelten verschiedenen Betrieben sich verstetigt und verbessert.
Die SPD-Fraktion hat sich zwar der baurechtlich Zustimmung für den Neubau eines REWE –Markts in Kleingemünd nicht verweigert. Jahrelang hatten wir auf die konkrete Nachfrage anderer gewerblicher Interessenten dort vergeblich gewartet. Aber mit dem baurechtlichen Ja ist in unserer Fraktion noch keine Entscheidung über den Verkauf des städtischen Grundstücks gefallen, das die REWE für das Projekt unbedingt benötigt. Wenn wir uns über langfristige, d.h. strukturelle Verbesserungen der Stadtfinanzen unterhalten, dann geht es auch vor allem um die Gewerbesteuer. Bleibt der REWE-Markt an die Kölner Zentrale angebunden, dann bringt es dem Steuersäckel der Stadt Köln einiges aber uns nichts. Deshalb setzen wir darauf, dass der REWE Markt zu einem Franchisenehmer kommt, der hier seine Gewerbesteuern zahlt. Beim Blick ins Internet fand ich die Aussage “Mehr als 1300 REWE Märkte in Deutschland werden schon von selbständigen Kaufleuten geführt“. Warum sollte das nicht auch in Neckargemünd möglich sein? Wir sind aber auch nicht bereit, dann darüber hinwegzusehen, wenn der Franchisenehmer die Mitarbeiter unterhalb der branchenüblichen Tarifverträge bezahlt.
Der Bürgermeister hat auch eine Zweitwohnungssteuer für Neckargemünd ins Gespräch gebracht. Nicht nur Großstädte wie Heidelberg und Freiburg, sondern auch kleinere Städte haben sie in den letzten Jahren eingeführt. Denn die Infrastruktur der Gemeinden wird auch für die Zweitwohnungsbewohner vorgehalten. Ein oberflächlicher Blick in die Zweitwohnungssatzungen verschiedener Städte zeigt aber auch zahlreiche Details wie Ausnahmeregelungen, die beachtet werden müssen. Wenn die Entscheidungsgrundlagen von der Verwaltung demnächst auf den Tisch gelegt werden, wollen wir gerne ergebnisoffen darüber diskutieren.
Wie weit bei der Grundsteuer B noch Anpassungsspielraum besteht, wird sich bei der vom Bürgermeister angekündigten Generalüberprüfung der Einnahmemöglichkeiten noch zeigen.
Bei der Höhe der Verwaltungsgebühren sollte sich Neckargemünd an Städten vergleichbarer Größe orientieren.
Nun zu einzelnen speziellen Punkten:
KiGa Mückenloch (UA 4645) Wie sehr dem Stadtrat an einer ortsteilsbezogenen Kinderbetreuung liegt, zeigt sich an dieser Haushaltsstelle: 150 000 € für die Einrichtung einer weiteren Gruppe, damit die Eltern ihre Kinder nicht in anderen Bereichen der Stadt unterbringen müssen.
Kirchberghalle Mückenloch (UA 5610) Gut, dass der Ortsvorsteher auf dem Einbau einer behindertengerechten Toilette insistiert hat und der Gemeinderat zugestimmt hat.
Kinderspielplätze (UA 5820) Dass in der Gesamtstadt 29 Plätze unterhalten werden müssen, ist der öffentlichen Wahrnehmung wert.
Gemeindestraßen (UA 6300) Hier irritiert wie schon in Vorjahren die Tatsache, dass im Plan wie in diesem Jahr zwar die Summe von 309 000 € unter „Sonstige Maßnahmen“ eingesetzt ist, doch der überwiegende Teil gar nicht für die Erneuerung ganzer Straßenabschnitte vorgesehen werden kann. Hier sind wir bei einem konkreten Beispiel bei der oben auf großer Bühne verlangten „Investitionsagenda“ (so der Begriff im erwähnten ZEIT-Artikel). Man könnte auch etwas großspuriger einen „Marshallplan für die kommunale Infrastruktur“ fordern, der langfristig die Investitionsrückstände beheben könnte.
Hier die Konkretion an Neckargemünder Beispielen:
Wenn man bei rund 60 Km Straßen in Neckargemünd – bei einer angenommenen Lebensdauer von €50 Jahren- systematisch die 2%= 1,2 Km= ca. 6000 qm Fläche jährlich erneuerte, dann ergäbe es jährlich bei einem angenommenen Preis von 70 € / qm eine benötigte Summe von 420 000 € jedes Jahr (!!!) für reine Straßensanierung ohne jegliche andere Aufgaben im Straßenbereich. Tatsächlich bleiben aber etwa nur 100 000 € der über 300 000€ in diesem Unterabschnitt zur Erneuerung kleiner Straßenabschnitte. Wenn man den Rückstau unerledigter Erneuerung städtischer Straßen an dem benötigten jährlichen Betrag von mehreren Hunderttausend Euro pro Jahr nur auf einige Jahre hochrechnet, befindet man sich im Millionenbereich.
Ähnliches gilt für den Glasfaseranschluss:
Wenn die Verwaltung den Investitionsbedarf für einen flächendeckenden Glasfaseranschluss in Neckargemünd bis 20?? auf 8 Mio. € schätzt, dann wissen wir zur Zeit nicht, wie im städtischen Haushalt neben allen anderen Aufgaben diese Summe aufgebracht werden kann. Auch hier warten wir ärmeren Kommunen auf nachhaltigere Unterstützung durch Bund und Land.
Fuhrpark (UA 7700): Nach Auswertung der Tageskilometererfassung stellt sich die Frage, welche Fahrzeuge als Elektrofahrzeuge in Frage kämen als städtischen Beitrag zu E-Mobilität.
Menzervilla/ Einrichtung eines Trauzimmers (Antrag CDU-Fraktion) Die Villa als Außenstelle des Standesamts wieder zu nutzen, ist generell nicht abzulehnen, wenn es in ein Nutzungskonzept der Villa passt. Aber dazu muss endlich ein akzeptiertes Konzept erstellt werden. Es fehlt aber nicht nur an Malerarbeiten und Mobiliar, der Sanitärbereich ist für eine solche edle Hochzeitsnutzung auch nicht adäquat.
Griechische Weinstube (UA 8810) Seit letzter Woche wissen wir, dass der Bürgermeister eine Kommission einberufen wird, die sich mit der Entwicklung des Areals Griechische Weinstube beschäftigen soll. In unserem Schreiben vom 15.Dezember 2016 hat die SPD- Fraktion gebeten, eine Kommission des Gemeinderats zu installieren. Der Zwischenerwerb des Areals durch die Stadt war allein schon wegen des Zugriffs auf die untere Terrasse als Verlängerung des Knappenkellers nötig gewesen, da ja leider keine vertragliche Nutzungsberechtigung dafür in den städtischen Archiven zu finden war .Die vollmundigen Versprechungen der Experten, dass ohne Schwierigkeiten mehrere Investoren +Architekten- Gemeinschaften sich um den Auftrag reißen würden, haben sich leider als vollständig falsch erwiesen. Nun muss neu nachgedacht und dann realitätsnah gehandelt. Wir werden konkrete Vorstellungen in die Kommission einbringen.
Wir Sozialdemokraten sind im Prinzip skeptisch gegenüber der Auslagerung von städtischen Aufgaben an private Unternehmen, hatten uns in zwei Fällen aber auch nicht gegen die Aufgabenvergabe an Privatfirmen widersetzt – angesichts der Personalkosten bei der Erfüllung dieser Aufgaben: das war einmal die Privatvergabe der Bestattungen und zum anderen die Straßenreinigung. Da der Wunsch im Gemeinderat nach einer Wiederbeschaffung einer stadteigenen Kehrmaschine laut geworden ist, werden wir vorurteilsfrei dieses diskutieren, wenn detaillierte Entscheidungsgrundlagen auf dem Tisch liegen.
Der ÖPNV und die verkehrliche Situation in der Altstadt werden uns als Dauerthemen nicht abhandenkommen.
Seit etwa einem Jahr liegt ein Antrag bei der Verwaltung, den Stadtrat Bergsträsser für die SPD-Fraktion gestellt hat, in dem praktische Maßnahmen gegen das Parken auf den Altstadt-Gehwegen gefordert wird.
Wir freuen uns, wenn Herr Wammetsberger bei TOP 6 die oft von uns nachgefragten Ergebnisse der Verkehrserhebung Altstadt aus dem Jahr 2015 (drei Ausrufezeichen!!!) der Öffentlichkeit vorstellen wird. Vielleicht zeigen uns auch seine Ergebnisse die Bereiche auf, in denen Nachbesserungen möglich und nötig sind. Denn gefühlt fahren zu manchen Zeiten etliche Fahrzeuge durch die Altstadt, die weder als Anwohner noch als Einkäufer dort zu sein scheinen.
Da wir gerade beim Verkehr in der Altstadt sind, kann Herr Wammetsberger uns auch kurz berichten, wie die vom Gemeinderat ins Spiel gebrachten Wünsche zu alternativen Planungen in der Altstadt vom Verkehrsverbund Rhein –Neckar aufgenommen wurden.
Im Verwaltungshaushalt (UA 7920) sind etwa 20 000 € mehr für den Bereich Ruftaxi eingestellt als im letzten Haushalt in der Hoffnung, dass die von allen gewünschte Ruftaxi-Linie Hollmuth- Mühlrain etabliert werden könnte. Leider ließ sich diese Linie bisher nicht einrichten. Wenn es mit der Ruftaxi-Linie in der geplanten Form nicht funktionieren sollte, dann müssen wir neue Überlegungen anstellen, wie die Bewohner dieser Stadtbereiche verkehrlich besser angebunden werden können.
Ein mulmiges Gefühl beschlich die anwesenden Mitglieder unserer Fraktion bei den Vorstellungen der Baumaßnahmen des Regierungspräsidiums um die Friedensbrücke herum. Dieses Gefühl hat sich noch erheblich verstärkt nach dem RNZ-Artikel vom 14.Februar „Es geht auch ohne Vollsperrung“. Man hat das Gefühl, dass gerade Geld aus Stuttgart bereit steht und schnelles Handeln demonstriert werden soll. Wir können der Bevölkerung nicht vermitteln, dass trotz massiver Behinderung durch Vollsperrung der Friedensbrücke in einem so großen Zeitfenster nur eine Sparlösung herauskommt. Eine Sanierung der Rad-und Fußwege entfällt gänzlich. Besonders der östliche Geh-und Radweg ist marode: die Oberfläche des Weges ist teilweise abgeplatzt, an den Metallteilen an beiden Wegrändern sind die rostbraunen Korrosionsstellen für jeden Laien sichtbar. Wir fordern die Stadtverwaltung und den gesamten Gemeinderat auf mit aller Deutlichkeit zu protestieren.
Die gleichzeitige Vollsperrung der Strecke in Altneudorf mutet an, als wolle das Regierungspräsidium eine Katastrophenübung unter realen Bedingungen veranstalten.
Bei der Einwohnerversammlung gab es die Möglichkeit, schriftlich Wünsche zum Haushalt nachzureichen. Der m.W. einzige Vorschlag kam vom Kulturverein, der u.a. die Notwendigkeit der Sanierung der Toiletten im „Alten E-Werk“ hinwies. Deren Zustand wird seit Jahren allgemein beklagt. Vielleicht nimmt die Verwaltung diesen Punkt ganz oben auf ihren Arbeitsplan, ohne dass wir einen formalen Haushaltsantrag stellen müssen.
Wer meine vergangenen Haushaltsreden kennt, weiß, dass ein Thema bislang unerwähnt ist: die Sauberkeit besonders der Treppen und Gleisunterführung im Bahnhof. Es ist zwar nicht unsere Verpflichtung, den Reisenden einen geruchsneutralen Zugang zu den Gleisen zu bieten, aber der schlechte Eindruck bleibt bei der Stadt doch haften. Am 11. März soll ein Putztag als Zeichen bürgerschaftlichen Engagements in Neckargemünd stattfinden. Ich habe die deshalb die Stadtverwaltung gebeten, offiziell einen Antrag an die Deutsche Bahn zu richten, entweder selbst eine Grundreinigung vorzunehmen oder einer Gruppe am Putztag zu gestatten, die Reinigung vornehmen zu dürfen. Auf die Antwort der Deutschen Bahn bin ich gespannt.
Die Haushaltsverabschiedung ist eine gute Gelegenheit den Mitarbeitern der Stadtverwaltung für ihre Mühe und besonders für alles, was sie über die Norm hinaus geleistet haben, recht herzlich zu danken. Der Winterdienst hat wie immer gut funktioniert. Dem Kämmerer und seinem Stellvertreter sei Dank. Last not least auch dem Bürgermeister einen herzlichen Dank, dass er sich mit Schwung ins neue Amt eingearbeitet hat.
Die SPD-Fraktion stimmt dem vorgelegten Haushaltsplan 2017 zu.
Neckargemünd, den 21.März 2017 Winfried Schimpf, Fraktionsvorsitzender